Goslar: Juristen für härtere Sanktionen
Auch der 54. Deutsche Verkehrsgerichtstag blieb im Trend: Fast traditionell hörte man die Forderung nach strengeren Sanktionen. Und statt konkreten Vorschlägen blieb es mal wieder bei teilweise unausgegorenen Empfehlungen an die Politik
Gleich zwei Arbeitskreise befassten sich mit dem Thema Alkohol am Steuer. Einmal ging es um die Blutprobe bei Alkohol-Verdacht. Eine solche körperliche Untersuchung, also die Entnahme einer Blutprobe durch einen Arzt, ist ohne Einwilligung des Beschuldigten nur zulässig, wenn kein Nachteil für seine Gesundheit zu befürchten ist. Doch die Anordnung steht dem Richter (bei Gefährdung des Untersuchungserfolges durch Verzögerung auch der Staatsanwaltschaft und ihren Ermittlungspersonen) zu. Dieser sogenannte Richtervorbehalt (§ 81 a Abs. 2 StPO) soll entfallen, - künftig soll ein Staatsanwalt dafür die Kompetenz haben.
Nach derzeitiger Rechtslage ist ab einem „gepusteten“ Atemalkoholwert von 1,1 Promille eine Blutprobe notwendig. Die Atemalkoholanalyse reicht nur bei niedrigeren Promille-Werten als alleiniges Beweismittel aus.
Vor allem Vertreter der Polizei hatten sich für die Abschaffung der Blutprobe auch bei Werten über 1,1 Promille ausgesprochen, was schon 2009 in Goslar mehrheitlich abgelehnt worden war. Die Bundesregierung hingegen beabsichtigt, eine Rechtsgrundlage für die forensische Verwertbarkeit der Atemalkoholanalyse im Strafverfahren zu schaffen. Das steht im Koalitionsvertrag. Jetzt wurde die Bundesregierung aufgefordert, weitere Forschungsvorhaben zu diesem Themenkomplex und auch zur Entwicklung modernerer Messmethoden in Auftrag geben. Elektronische Atemschnüffler, die die Zündung blockieren und somit das Auto streiken lassen, werden nicht als Alternative zu Begutachtung der Fahreignung angesehen.
Weitaus größere und direktere Folgen können die Empfehlungen des Arbeitskreises 2 nach sich ziehen. Weil in einzelnen Bundesländern eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) erst ab festgestellten 1,6 Promille angeordnet wird, in anderen aber schon ab 1,1 Promille, wurde jetzt gefordert, den § 13 der Fahrerlaubnisverordnung zu reformieren und anzugleichen - also den Grenzwert von 1,1 Promille verbindlich vorzuschreiben.
Die Fachleute in diesem Arbeitskreis vertraten die Ansicht, auch wer mit 1,1 Promille erwischt wurde, sei rückfallgefährdet und müsse sich dem sogenannten „Idiotentest“ unterziehen. Vor dem Hintergrund, dass die Zahl der verurteilten Alkoholsünder enorm gesunken ist und somit auch weniger MPUs angeordnet werden konnten, befürchten vor allem Verkehrsanwälte, mit der geplanten Neuregelung solle den Gutachtern und ihren Firmen oder Organisationen wieder mehr Kundschaft ermöglicht werden. Aktuell kommt es zu 45 000 MPU jährlich in Deutschland.
Zur Verwendung der sogenannten Dashcams forderten die Experten "eine gesetzliche Regelung, die auf Basis des europäischen Datenschutzrechts möglichst ein einheitliches Schutzniveau innerhalb der EU gewährleitet". Der Arbeitskreis konnte sich weder auf ein generelles Verbot noch für eine generelle Zulassung einigen und forderte den Gesetzgeber auf, einen sachgerechten Ausgleich zwischen Beweisinteresse und Persönlichkeitsrecht herzustellen. Der Missbrauch von Verkehrs-Videos mit personenbezogenen Daten, wie eine Darstellung im Internet, solle mit Sanktionen bedroht werden.