Viele Staus durch Baustellen sind unnötig
Autobahnbaustellen sorgen für viel mehr Staus als nötig; laut Stau- und Verkehrsforscher Prof. Michael Schreckenberg (60) sind mangelnde Kommunikation der Baufirmen und Behörden sowie schlechtes Baustellenmanagement Gründe dafür, dass Bauarbeiten länger als notwendig dauern.
„Häufig liegt das Problem schon in der Planung der Baustellen; Abstimmungen zwischen den einzelnen Bauherren, seien es Bund, Länder oder Kommunen, finden praktisch nicht statt. Stattdessen wird gebaut, sobald Geld da ist. Egal, ob auf der Ausweichstrecke ein paar Meter weiter zur selben Zeit die Straße aufgerissen wird", kritisiert Schreckenberg in der Zeitschrift auto motor und sport.
Es gebe sogar rechtliche Gründe dafür, dass Baustellen eingerichtet werden, obwohl die Bauarbeiten gar nicht beginnen. Das Problem: „Zum vereinbarten Baubeginn muss etwas auf der Baustelle passieren", erklärt Verkehrsexperte Schreckenberg. Das Aufstellen einer Absperrung ist da ein adäquates Mittel der Betriebe, nicht vertragsbrüchig zu werden, auch wenn der eigentliche Bau aufgrund fehlender Kapazitäten noch lange nicht beginnen kann. Das sind dann die überaus ärgerlichen Baustellen, auf denen sich keine Baumaschine bewegt.
Selbst mangelhaftes Management auf der Baustelle selbst kann dafür sorgen, dass sich die Arbeiten in die Länge ziehen und auf einer Autobahnbaustelle nichts passiert: Materiallieferungen verzögern sind, wichtige Baumaschinen sind noch auf anderen Baustellen im Einsatz. Dabei sind Baustellen als Ursache für Staus keine Randerscheinung. „Mindestens 25 Prozent der Staus werden direkt von Baustellen verursacht, rund 60 Prozent von Überlastungen", hat Schreckenberg errechnet. „Wie viele Überlastungen jedoch von Baustellen verursacht werden, lässt sich kaum sagen, dementsprechend hoch ist die Dunkelziffer der indirekten Baustellenstaus."
Laut ADAC waren im Juni rund 575 Baustellen auf deutschen Autobahnen eingerichtet. Das entspricht gut 30 Prozent mehr als noch 2015. Dadurch hat sich die Baustellenlänge innerhalb eines Jahres von bundesweit 740 auf 1000 Kilometer verlängert.
Michael Schreckenberg studierte Theoretische Physik an der Universität zu Köln, an der er 1985 in Statistischer Physik promovierte. 1994 wechselte er zur Uni Duisburg-Essen, und erhielt 1997 die erste deutsche Professur für Physik von Transport und Verkehr. Seit mehr als zehn Jahren arbeitet er an Modellierung, Simulation und Optimierung von Transportsystemen in großen Netzwerken, besonders Straßenverkehr, und dem Einfluss von menschlichem Verhalten darauf. Seine aktuellen Aktivitäten umfassen Online-Verkehrsprognosen des Autobahnnetzwerkes von Nordrhein-Westfalen, die Reaktion von Autofahrern auf Verkehrsinformationen und die Analyse von Menschenmengen in Panik.