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Osteuropa: Wo die alten Diesel hingehen

Hierzulande sind alte Dieselautos wegen Fahrverboten und Umweltschutzdebatten kaum mehr gefragt. Ganz anders sieht das in Osteuropa aus - zum Ärger der Umweltschützer vor Ort.

 ©Goslar Institut

Viele Dieselfahrzeuge aus Deutschland verbringen ihre „alten Tage“ in Osteuropa, ganz offiziell, ganz legal und sehr zum Ärger dortiger Umweltschützer. Denn mir den Diesel wurde auch gleich die deutsche Diesel-Hysterie exportiert. Ältere Dieselautos, die wegen drohender Fahrverbote hierzulande nicht mehr gefragt sind, erfreuen sich in vielen östlichen Nachbarländern großer Beliebtheit, zumal ein hierzulande von Fahrverboten bedrohter Diesel jenseits der Grenze die Luft verbessert. Dennoch klagen Umweltverbände vor Ort, Osteuropa werde zur „Müllhalde“ des Westens.

Es ist noch gar nicht so lange her, da waren die Autofahrer in Deutschland, aber auch in anderen EU-Ländern, Dieselfahrzeugen sehr zugetan. Besonders Vielfahrer griffen aufgrund zum Teil deutlich geringerer Spritkosten zum Selbstzünder. Deutschland galt lange Zeit als das „Diesel-Land“ in Europa. Immerhin gaben 2015 hierzulande noch rund 48 Prozent der Neuwagenkäufer einem Diesel den Vorzug vor einem Benziner.

Doch dann geschahen zwei Entwicklungen gleichzeitig: Die in Europa extrem niedrig angesetzten Grenzwerte für den Abgasbestandteil Stickstoffdioxid in der Atemluft und die Aufdeckung des sogenannten Diesel-Skandals. Verschiedene Autohersteller hatten die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte für Autoabgase mittels illegaler Manipulationen der Motorsteuerung umgangen. Dabei ging es besonders um die Stickoxidemissionen; denn die Stickoxiden werden für das Entstehen von Atemwegs- sowie Herz-Kreislauferkrankungen verantwortlich gemacht. Gerade ältere Dieselfahrzeuge kamen in dieser Hinsicht als „Dreckschleudern“ an den Pranger.

Seit nun in Deutschland auch Fahrverbote für Dieselautos drohen und die Autofahrer verunsichern, büßten diese Fahrzeuge sehr an Beliebtheit ein. Anders in Osteuropa. Dort ist das Geschäft mit alten Dieseln aus dem Westen inzwischen regelrecht aufgeblüht, wie Brancheninsider berichten. Man könne geradezu von einer „Invasion“ sprechen, heißt es etwa beim Verband tschechischer Gebrauchtwagenhändler. Medien zitieren zudem eine Marktuntersuchung des Gebrauchtwagenhändlers AAA Auto, einem Branchenschwergewicht in Mittelosteuropa, der zufolge 63 Prozent der in Tschechien angebotenen Importgebrauchtwagen aus Deutschland stammen sollen, 60 Prozent davon mit einem Dieselmotor. Für die Slowakei wird dieser Anteil sogar mit 78 Prozent beziffert.

Ein wesentlicher Grund für die Beliebtheit älterer Dieselfahrzeuge aus dem Westen in Osteuropa ist nach Auskunft von Branchenkennern der Vorteil der Selbstzünder beim Verbrauch im Vergleich mit Benzinern. Das sei für die Kunden dort von größerem Interesse als die Emissionen ihres Autos, berichten Händler in jenen Ländern. Zudem müssen sich die Autofahrer dort keine Gedanken um Umweltzonen oder Fahrverbote in Innenstädten machen. Denn dies ist in den Staaten im Osten Europas kein Thema, obwohl sie denselben Umweltregeln unterliegen wie Deutschland. Somit spricht dort nichts gegen Diesel fahren, zumal die exportierten Fahrzeuge mit Sicherheit bessere Emissionswerte aufweise als die Fahrzeuge, die sie ersetzen.

Das sehen Umweltschützer vor Ort allerdings etwas anders. Ihnen sind sie alten „Stinker aus dem Westen“ dennoch ein Dorn im Auge. Osteuropa dürfe nicht zu einer Müllhalde für alte, luftverschmutzende Produkte aus den westlichen EU-Staaten werden, warnen sie. Doch diese Kritiker des Booms älterer westlicher Dieselfahrzeuge im Osten Europas sehen sich derzeit noch mit einem Bewusstsein konfrontiert, das auch im Westen nach wie vor existiert, was sich an den wieder ansteigenden Verkaufszahlen für Dieselautos zeigt. Und solange sich daran nichts ändert, dürfte vielen älteren Dieselfahrzeugen aus dem Westen in Osteuropa ein längerer Lebensabend beschieden sein als in ihren Herkunftsländern. So haben alle etwas davon.

ampnet/Sm