Der (Nicht-)Abstiegs-Bulli
Der Bulli- und HSV-Fan Michael Brendel freute sich so sehr darüber, dass der HSV in den Jahren 2014 und 2015 dem Abstieg entging, dass er sich einen Bulli kaufte und diesen zum HSV-Bulli machen ließ - doch bald begann in Sachen Abstieg ein Wettlauf mit der Zeit.
Michael Brendel ist Fußballfan - großer Fußball-Fan. Sein Verein ist der Hamburger Sportverein. Der 47-jährige gebürtige Kieler ist auch Bulli-Fan. Und im Jahr 2014 erfüllte er sich seinen Jugendtraum, einen eigenen Bulli zu besitzen. Michael erzählt: "Die Idee, mir endlich einen Bulli zu kaufen, kam im Mai 2014. Der HSV hatte es gerade geschafft, in der Relegation, ohne ein Spiel zu gewinnen, durch ein 0:0 und ein 1:1 gegen Greuther Fürth, nicht abzusteigen. Der Bundesliga-"Dino" blieb also in der Bundesliga, und ich dachte mir: Jetzt kaufe ich mir meinen Wunsch-Oldtimer-Dino."
Eine Weile sah Michael sich um, durchforstete Internetseiten, und irgendwann wurde er fündig. Der Verkäufer am Chiemsee hatte zwei, drei Bullis im Angebot, einer davon war der T2 a/b, Baujahr 1971, den Michael sich schließlich kaufte. "Ich habe mich sofort in den Bulli verguckt", sagt Michael. "Der Bulli sah gut erhalten aus. Ich habe ihn dann gleich mitgenommen, bin mit ihm vom Chiemsee bis nach Hamburg gefahren. Das war eine sehr schöne Tour, der Bulli fuhr, alles wunderbar."
Doch wie es so oft ist: Bald stellte sich heraus, dass der T2, ein US-Import, doch so einige Macken hatte. Michael erinnert sich: "Wenn ich vor dem Kauf etwas genauer hingeschaut hätte, wäre mir aufgefallen, dass an dem Bulli doch sehr viel gespachtelt und gebastelt worden war. Sogar der Himmel war seltsam lackiert, doch ich sagte mir: Egal, das ist nun mein Bulli."
Alles war gut, und eh Michael sich's versah, war ein weiteres Jahr ins Land gezogen - und sein HSV stand schon wieder auf Tabellenplatz 16 der Bundesliga und erneut in der Relegation. Dieses Mal war es noch enger als 2014: Gegen den Karlsruher SC hatte der Bundesliga-Dino zuhause nur 1:1 gespielt. Beim Rückspiel in Karlsruhe sah es dann übel aus für den HSV. "Bis in die 90. Minute waren wir quasi abgestiegen", erinnert sich Michael. Der HSV lag mit 0:1 zurück, doch dann traf in der Nachspielzeit Marcelo Diaz zum 1:1 und in der Verlängerung traf Nicolai Müller noch zum 2:1 für den HSV. "Meine Freude darüber war so groß, da sagte ich mir: Nun wird der Bulli restauriert, nun wird er zum HSV-Bulli!", sagt Michael.
In Gifhorn nahe Wolfsburg fand Michael schließlich eine von einem Bayern-Fan geführte Werkstatt, die sich des Projekts annehmen wollte. "Das hatte auch etwas Skurriles", sagt Michael. "Ein Bayern-Fan in der Region Wolfsburg macht einen T2 zum HSV-Bulli..."
Angedacht für die Restauration des Bullis war ein Jahr. Doch nach einem Jahr war immer noch viel zu tun. Auch nach Jahr zwei des Projekts war der künftige HSV-Bulli noch alles andere als fertig. Michael erinnert sich: "Es war mittlkerweile Mai 2017. Der HSV war in diesem Jahr der Relegation zwar knapp entgangen, doch in Wolfsburg stand das Bullifestival zum 70-jährigen Jubiläum an - und mein Bulli war immer noch nicht fertig!" Für die Werkstatt hat Michael Verständnis. "Für die war vieles an dem Projekt auch Neuland. Geduld war gefragt."
Und so zog ein weiteres Jahr ins Land. Frühjahr 2018... Michael erzählt: "Beim HSV sah es wieder düster aus, irgendwann im März sagte ich mir: Mein Unabsteigbar-Bulli MUSS nun endlich fertig werden, er MUSS, sonst steigt der HSV am Ende vielleicht doch mal ab! Fast wöchentlich fragte ich in der Werkstatt nach, doch immer fehlte noch irgendetwas. Drei, vier Tage vor dem letzten Spieltag der Saison holte ich den Bulli dann ab. Der Ausgang ist ja bekannt, der HSV ist abgestiegen aus der Bundesliga. Die Geschichte meines Unabsteigbar-Bullis hat also kein Happy End."
Michael lässt sich die Laune dennoch nicht verderben. Irgendwann wird der HSV bestimmt wieder austeigen und: "Nun ja, dann gibt es nächste Saison eben Auswärtsfahrten mit dem Bulli nach Sandhausen oder Aue statt nach München oder Dortmund." Zudem will Michael mit seinem "Auto, das mehr Lächeln aufs Gesicht zaubert als jedes andere", mit seiner Frau und seinem Hund auch Kurzurlaube genießen und Bulli-Treffen besuchen.
Der Hund hat übrigens auch eine HSV-Verbindung. Der mittlerweile 15-jährige Labrador heißt Cardoso. "Eigentlich wollte ich den Hund damals nicht, ich habe dann schließlich eingewilligt, aber nur unter der Bedingung, dass ich ihm einen HSV-Spielernamen geben darf", sagt Michael. Und so wurde er eben nach Rodolfo Esteban Cardoso benannt, der von 1996 bis 2004 für den HSV spielte - den damals noch unabsteigbaren HSV.