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400 Bullifreunde über Nacht im Autokino

Das letzte Wochenende im Oktober gehörte Hunderten von fröhlichen Bulli-Fans. Sie kamen in Gruppen und mit über 400 VW-Bussen fast aller Baureihen aus ganz Deutschland ins Autokino Kornwestheim zur Premiere des Abenteuerfilms Heimreise. Nach dem Film wurde gefeiert bis zum Sonntagmorgen.

Gruppenfoto vor der Premiere

 ©eba

Keiner führte Regie, aber es klappte alles wie geplant: Die Hochdach-Fraktion parkte überwiegend in den ersten Reihen nahe der riesigen Leinwand. Multivans, Camper, Transporter und ein paar versprengte Crafter (und wenige Konkurrenzautos) hatten sich in Reih und Glied aufgestellt. Das bot ein anderes Bild als bei sonstigen Kult-Treffen: Der Blick der Besucher zeigte nur in eine Richtung – auf das erwartete Outdoor-Kinospektakel. Doch rund um die Autos gab es die viel gelobte „Freiheit auf vier Rädern“ – auch wenn Grasboden und Waldluft fehlten. Wer sich nicht im Restaurant des Autokinos eimerweise mit Popkorn versorgte oder einen Burger orderte, hatte Selbstgemachtes mitgebracht. Rund um die Freizeitautos wurde aufgetafelt. Die einen gönnten sich Gulasch oder Suppe aus der Bordküche, andere brutzelten Würste und Steaks bei 18 Grad Abendtemperatur am Freiluftgrill.

Ganze Gruppen befreundeter Bullifans hatten Bierbänke oder Campingtische aufgestellt und immer wieder sah man Menschen, die unter der Heckklappe aus Schubfächern ihrer Selbstausbauten die nächste Bierflaschen holten, um fröhlich anstoßend auf den Beginn des Films zu warten. Der aber verzögerte sich, denn, wie uns Mathis, einer der Autoren und Stars um 18.30 Uhr sagte „wir warten noch auf mehr Leute, die sich über Youtube, Instagram und andere Kanäle angekündigt und verabredet haben.“

Die Hochdachfraktion in einer Reihe

 ©eba

Fast schlagartig wurde es dann gegen 21.10 ruhig. Die Platzscheinwerfer erloschen und in den Bussen gingen die Lichter aus, auch die so beliebten bunten LED-Schlangen -  es startete der Beginn eines Kinofilms, der den Titel „Heimreise“ trägt und nach rund 90 Minuten den Kinogänger (und in diesem Fall auch „Filmkritiker“) in einer Stimmung zwischen Begeisterung und Rätselhaftigkeit zurück lässt. Großartige Landschaftsaufnahmen aus Regionen unserer Republik, die nicht jeder kennt, wechselten sich ab mit sich wiederholenden Einblendungen der beiden Akteure, die zumindest im fließenden Straßenverkehr genügend Abstand halten konnten, ohne das Breitwandformat zu sprengen. Häufig zeigten Drohnenkameras das ganze Spektakel in einer anderen Perspektive – wobei die Autos keineswegs aus der Matchbox wirkten.

Dazwischen sah man echte Abenteuer, die bis an die Grenzen gingen. So etwa der Traum der beiden, auf einer kleinen Insel, die man nur schwimmend erreichen konnte, in Hängematten zu übernachten. „Um unser Zeugs trocken zur Insel zu bringen“ spannten sie ein Seil und hängten die Teile mit Karabinern ein, damit sie ans andere Ufer gelotst werden konnten. Dieses Abenteuer ging glimpflich ab – ein schweres Gewitter mit Blitzeinschlag zwang beide zum überhasteten Rückmarsch, eine mühsame Kombination aus Schwimmen und Waten, die aber glücklich endete. „Nie zuvor habe ich mich danach in meinem Bulli so sicher und so wohl gefühlt“ zieht einer der beiden Bilanz.

Bullifahrer und ihre Sprüche

 ©eba

Dagegen war die Nacht in einer Aussichtshütte über der Moselschleife schon komfortabler – wenngleich auch hier die Hängematten eingesetzt wurden. Ansonsten lobten beide ihre selbst umgebauten Busse und, wie zu erwarten, wurde natürlich wurde auch die von Mathis erfundene Dusche in der Heckklappe demonstriert. Man fragt sich allerdings, ob dies mitten in Berlin in der Nähe des Brandenburger Tors hätte sein müssen. Ähnlich witzig war die Idee, in der Vulkaneifel, wo man vergeblich nach einem warmen See suchte, sich mit Baumarkt-Mitbringseln selbst zu helfen. Sie gruben eine Kuhle, verlegten Teichfolie, formten aus Kupferrohr eine Heizspirale, legten diese über ein Feuer aus selbst gespaltenem Holz und verbanden sie mit Plastikschläuchen. Das derart angesaugte Kaltwasser aus dem benachbarten See folge den Gesetzen der Thermik und brachte Wärme in das kleine Tauchbecken. Das hätten moderne Physiklehrer und Pädagogen nicht besser präsentieren können. Solche Filmsequenzen fallen unter die Rubrik „was junge Menschen so alles machen, wenn man sie nur machen lässt…“

Und genau dies scheint die Motivation für diese Reise durch die Republik gewesen zu sein. Es war kein PR-Film für den Hersteller oder die Marke dieser praktischen Autos. Aber er zeigte auch die Grenzen der Träume von Freiheit auf vier Rädern: Beispielweise im Sand – als sich einer der Bullis eingegraben hatte. Und zugleich seine Stärke – wenn man ihn richtig behandelt. Mit Schaufeln und ein paar kräftigen Anschiebern wurstelt er sich wieder raus und fährt und fährt und fährt.

Wohnen neben dem Autokino, jetzt erstmals besucht!

Bleibt am Ende die Frage: Warum seid ihr Bulli-Freunde an diesem letzten Oktoberwochenende ausgerechnet in die Kleinstadt Kornwestheim gefahren? Wir haben etwa fünfzig Leute gefragt und immer die gleiche Antwort erhalten: Wir wollten sehen, was in den sozialen Medien über den Film vorab bekannt geworden war. Und wir wollten uns mit anderen treffen in einer anderen Umgebung. Und wir wollten uns einfach mitfreuen.

Mitgefreut hat sich auch ein Paar aus Ludwigsburg, das wir zusammen mit einer anderen Bulli-Familie bei einem Glas Rosé und mitgebrachten Salaten zwischen ihren Autos trafen: „Das Tollste ist, dass wir von diesem Event von Bulli-Freunden aus Norddeutschland erfahren haben. Dabei wohnen wir seit 20 Jahren ganz in der Nähe dieses Autokinos und waren noch nie hier…“

PS:  Das Autokino gibt es schon 50 Jahre. Wer weiß, wer da noch alles mal einen Besuch macht. Es gibt ja jede Menge aktuelle Filme – und dazu zwei sich nicht störende Leinwände. Für den Bulli-Film allerdings reichten diesmal die Parkplätze nicht aus.

Übrigens: Beim traditionellen Bulli-Adventskalender (ab 1.12. auf dieser Seite zu sehen) gibt es zehn Freikarten für einen Abend im Autokino für jeweils zwei Personen zu gewinnen.

von Ernst Bauer